Für einige Diskussionen hat eine LinkedIn-Umfrage gesorgt, wer vor einem Microsoft Teams-Anruf den Präsenzstatus seines Gegenübers überprüft – und trotz „rot“ einfach anruft. Spoiler: Meine persönliche Meinung weicht (scheinbar?) von der Mehrheitsmeinung ab: Ein Plädoyer, warum man den Status vor einem Anruf zumindest nicht überprüfen muss.
An der von mir auf LinkedIn gestarteten Umfrage mit dem Titel „Überprüft ihr vor einem Teams-Anruf den Präsenzstatus der Person, die ihr anrufen wollt?“ haben zum Zeitpunkt, als ich diesen Artikel schreibe, 126 Personen teilgenommen.

Eine deutliche Mehrheit von 72% der Teilnehmer gibt an, dass man den Präsenzstatus überprüfe – und bei „rot“ zunächst nicht anrufe. 17% überprüfen den Präsenzstatus, rufen aber letztendlich trotz „rot“ an. Nur 10% geben an, dass sie den Präsenzstatus vor einem Anruf nicht prüfen.
Vorbemerkung
In den 20 Kommentaren zu meinem Beitrag zeigt sich, dass die Formulierung meiner Frage von vielen Teilnehmern nicht so ausgelegt wurde, wie ich sie eigentlich gemeint hatte. Es ging mir um die Netiquette, also ob man als Anrufer die moralische Verpflichtung haben sollte, den Präsenzstatus zu überprüfen, bevor man einen Anruf startet, um nicht als unhöflich zu gelten.
Aus dem Ergebnis der Umfrage sowie den Kommentaren interpretiere ich, dass eine überwiegende Mehrheit der (erfahrenen) Microsoft Teams-Nutzer den Präsenzstatus des Gegenüber vor einem Anruf überprüfen – um die eigene Effizienz zu steigern: Wenn im Vorfeld bereits absehbar ist, dass mein Gegenüber aktuell nicht erreichbar sein wird, kann ich mir die Mühe sparen und sofort zu einem anderen – i.d.R. dann asynchronen – Kommunikationskanal (z.B. Chat) greifen.
Meine Meinung
Die Vision von Microsoft Teams ist es, jedem die Herrschaft über die Kommunikationsflut zurückzugewinnen. Besser als mit den „traditionellen“ Werkzeugen (Telefon, E-Mail) – z.B. indem die Kommunikation „thematisch vorsortiert“ in einzelnen Teams/Kanälen bei mir ankommt oder durch die gezielte Konfiguration von Benachrichtigungen oder auch das Ausblenden von Teams. Das alles befähigt mich, auf Wunsch die Konzentration auf ein Thema zu erhalten und ungewollte Störungen zu vermeiden.
Damit einher geht meiner Meinung nach aber auch die Eigenverantwortung des einzelnen Anwenders. Ich habe es selbst in der Hand und muss es selbst in die Hand nehmen, ob ich gerade erreichbar sein möchte.
Würdet Ihr heute erwarteten, dass Euch jemand eine WhatsApp schickt und fragt, ob er Euch kurz anrufen darf, bevor er anruft? Ich denke nicht. Statt dessen würdet ihr (hoffe ich…), wenn ihr gerade nicht gestört werden wollt, das Telefon stummschalten (oder Flugmodus oder was auch immer) – oder einfach nicht drangehen, wenn es gerade nicht passt.
- Wobei letzteres ja eigentlich schon eine Störung des konzentrierten Arbeit darstellt, vor allem wenn ich mir anschaue, wer gerade anruft, um danach zu entscheiden, ob ich dran gehe oder nicht.
Und genauso wenig gibt es aus meiner Sicht die Verpflichtung, dass ich als Microsoft Teams-Anrufer vorher den Präsenzstatus des Anzurufenden überprüfe. Im Gegenteil, dieser zusätzliche Arbeitsschritt würde sich ja wieder negativ auf meine Effizienz auswirken und dadurch dem Ziel eines effizienteren Arbeitens entgegenlaufen.
- Dass einige der Kommentatoren – siehe oben – für sich selbst andere Schlüsse gezogen haben, ist keinesfalls ein Widerspruch, sondern deckt sich genau mit meiner Vision: Microsoft Teams als Werkzeug, dass jeden einzelnen individuell befähigt, so zu arbeiten, wie er selbst am effizientesten arbeiten kann. Nur sollte man daraus keinesfalls den Anspruch ableiten, dass mein Gegenüber meinen Präsenzstatus überprüft, bevor er mich anruft
Daher mein Appell: Nehmt Eure Erreichbarkeit selbst in die Hand.
- Setzt Euch auf „Bitte nicht stören“, wenn ihr gerade keine Anrufe entgegennehmen wollt – entweder manuell oder von Vorneherein mit einer zeitlichen Ablauffrist

- Seid nicht pikiert, falls jemand Euch anruft, obwohl ihr doch auf „Beschäftigt“ steht
- Fühlt Euch nicht verpflichtet, jede eingehende Chatnachricht sofort zu lesen und beantworten zu müssen
Schlussbemerkung
Das wichtigste, und da sind auch die meisten Kommentare einig: Es muss in jedem Unternehmen eine klare Vereinbarung („Commitment“) zum Umgang mit Microsoft Teams geben. Nicht nur zur Frage, ob man den Präsenzstatus eines Anzurufenden im Vorfeld überprüft. Typische weitere zu klärende Fragen aus meiner täglichen Praxis
- Welche Reaktionszeit wird von mir auf Chatnachrichten erwartet?
- Meine Rückfragen auf diese Frage ist meistens „Welche Reaktionszeit würde Dein Gegenüber bei einer E-Mail erwarten?“
- Wenn ich vom Gegenüber eine Reaktionszeit von weniger als 5min benötige, ist Chat dann der richtige Kanal (oder greife ich doch lieber zum Anruf)?
- Wird von mir erwartet, dass ich auf jeden einzelnen Kanalbeitrag irgendwie „reagiere“?
- Bedeutet ein „Daumen hoch“ auf einem Kanalbeitrag meine inhaltliche Zustimmung – oder nur eine „Lesebestätigung“?
- Gehört ein Gruß („Hallo“) zu Beginn jeder Chatnachricht zum höflichen Ton? Oder reicht vielleicht auch bei der ersten Nachricht eines Gesprächs oder gar eines Tages?
- In welchen Teams / Kanälen haben GIF-Sticker und Memes nichts verloren – und wo sind die nützliche Werkzeuge zur Ergänzung der Kommunikation?
- Wird von mir erwartet, dass ich irgendwo (z.B. in meiner Statusnachricht) kennzeichne, wenn ich außer Haus bzw. im Home Office tätig bin?
Sind diese und ähnliche Fragen nicht für alle Anwender klar und einheitlich geregelt, sind unbeabsichtigte Missverständnisse beim Einsatz von Microsoft Teams vorprogrammiert.