Viele Anwender von Microsoft Teams fragen mich „Wann soll ich ein neuen Team anlegen? Oder doch nur einen (privaten?) Kanal?“. Ein paar Erfahrungswert und Empfehlungen von mir – warum manchmal meine Antwort lautet „Weder noch“ und was eigentlich Tags in Microsoft Teams damit zu tun haben.
Microsoft Teams bietet mit Teams und Kanälen zwei grundlegende Möglichkeiten zur Strukturierung von Inhalten. Doch während viele Anwender ohne Scheu komplexe Ordner- und Unterordner-Strukturen auf Fileservern anlegen, fühlen sie sich bei Microsoft Teams zunächst unsicher.
Meine folgenden Erfahrungen und Tipps keinen Anspruch auf die immergültige Wahrheit – es kommt immer auf das konkrete Szenario und auch auf die Kommunikationskultur im Unternehmen an. Es kann gute und valide Gründe geben, im Einzelfall oder auch generell anders vorzugehen als hier empfohlen.
Teams und Kanäle – Basics
Microsoft selbst sieht Teams und Kanäle wie folgt:
In Microsoft Teams, teams are groups of people brought together for work, projects, or common interests.
[…]
Each channel is built around a topic like „Team Events,“ a department name, or just for fun. Channels are where you hold meetings, have conversations, and work on files together.
Quelle: https://support.microsoft.com/en-us/office/overview-of-teams-and-channels-c3d63c10-77d5-4204-a566-53ddcf723b46
Daraus leiten sich meine ersten beiden Empfehlungen ab
- Neues Team anlegen, wenn es sich um einen anderen Personenkreis als bei den vorhandenen Teams handelt oder zumindest die Chance besteht, dass sich der Kreis zukünftig unterscheiden könnte
- Der Klassiker: „Geschäftsführung“ und „Personal“ – auch wenn heute vielleicht die gleichen Leute darauf zugreifen sollen, könnte sich das morgen unterscheiden)
- Ein separater Kanal lohnt sich nur dann, wenn er nicht nur der Dateiablage dienen soll, sondern es auch einen separaten Gruppenchat zu diesem Unterthema geben soll
- Sprich: Wenn erwartet wird, dass es zu diesem Thema in Zukunft dauerhaft soviel Kommunikation geben wird, dass es sich „lohnt“ diese Kommunikation vom Rest abzutrennen.
Kanal oder Ordner?
Sehr häufig erlebe ich, dass Kanäle angelegt werden, die nur dazu dienen, eine bestimmte Kategorie von Dateien innerhalb des Projekts/Teams abzulegen („Formulare“, „Handbücher“). Dort liegen dann diverse Dateien, aber es gibt in diesen Kanälen keinerlei Unterhaltungen, geschweige denn Aufgabenlisten oder andere Apps.
Statt dessen empfehle ich für diesen Zweck
- statt eines neuen Kanals lieber normale Ordner innerhalb der Karteikarte Dateien anlegen
- Bei Bedarf nach dem Hinzufügen neuer Dokumente diese in einem Beitrag (in einem passenden Kanal) ankündigen und „verlinken“.

Überhaupt erlebe ich die Tendenz, unmittelbar bei Anlage eines Teams „zu viele“ Kanäle anzulegen, von denen am Ende die Hälfte gar nicht benutzt wird. Daher meine nächste Empfehlung
- Zunächst mit wenigen (typischerweise 1-2) Kanälen pro Team starten. Erst nachträglich neue Kanäle anlegen, wenn die Kriterien (siehe oben) erfüllt sind
Der Kanal „Allgemein“
Jedes Team hat sofort nach Anlage einen Kanal „Allgemein“, der sich (trotz vielfachem Wunsch in Microsoft UserVoice) auch nicht umbenennen lässt.
Der Kanal „Allgemein“ hat außerdem die Besonderheit, dass ich sich dort „administrative Benachrichtigungen“ sammeln, z.B. bei Eintritt oder Austritt von Teammitgliedern oder bei Erstellung neuer Kanäle. Dadurch kann der Kanal „Allgemein“ schnell unübersichtlich werden. Hier ein Beispiel…

Häufig empfehle ich daher
- Den Kanal Allgemein stilllegen, dann können sich dort die administrativen Benachrichtigungen in Ruhe ansammeln, ohne dass sich die Anwender dadurch gestört fühlen. Statt dessen die benötigten Kanäle neu erstellen. In diesem Zusammenhang bietet es sich an, die Kanalmoderation für den Allgemein-Kanal zu aktivieren, um „versehentliche“ Beiträge der Mitglieder zu verhindern

Leider lässt sich die standardmäßige Anzeige des Kanals „Allgemein“ (im Gegensatz zu anderen, manuell angelegten Kanälen) für die Mitglieder nicht deaktivieren. Dadurch wird die Liste mit den Teams ein wenig „länger“ und potentiell unübersichtlicher.
Tags als Ersatz für Kanäle?
Ein weiterer Grund, warum viele Anwender einen Kanal anlegen: „Da sollen Inhalte hin, die nur für einen bestimmten Teil der Teammitglieder interessant sind“ – Beispiel: Es gibt ein Team „Standort Erkrath“, aber jetzt soll ein Kanal angelegt werden, mit dem nur die Vertriebsmitarbeiter am Standort Erkrath angesprochen werden sollen.
Die grundsätzliche Frage (die ich hier aber nicht weiter vertiefen möchte) ist, warum man den Mitarbeitern im Team „Standort Erkrath“ eigentlich nicht zutraut selbst zu entscheiden, was für sie relevant ist bzw. welche Informationen sie nicht brauchen…
Aber auch in diesem Fall empfehle ich, keinen Kanal anzulegen, sondern
- statt dessen Tags zu verwenden und mit gezielten Benachrichtigungen für die Vertriebsmitarbeiter zu arbeiten.
Privater Kanal – oder neues Team?
Früher oder später taucht aber dann dann doch die Anforderung auf, dass bestimmte Mitglieder im Team nicht alle Informationen sehen dürfen. Ein typisches Beispiel sind externe Gäste in einem Team, die keinen Zugriff auf interne Dokumente erhalten sollen.
Häufig sehe ich dann bei Kunden Teams mit 5 Kanälen – davon 4 private Kanäle.
Ich bin kein Freund von privaten Kanälen. Sie sind funktional eingeschränkt und wirken an vielen Stellen in Microsoft Teams wie ein Fremdkörper.
Daher meine Empfehlungen für private Kanäle
- Es kann gute Gründe geben, private Kanäle einzusetzen – wenn wenige (!) Informationen innerhalb des Teams nur für ausgewählte Mitglieder verfügbar sein sollten
- Wenn dies aber dazu führen würde, dass 4 von 5 Kanälen privat wären, dann lieber zwei separate Teams anlegen mit dem jeweiligen Teilnehmerkreis
[UPDATE 23.4.2022] Seit März 2022 ist die neuen Teams Connect Shared Channels (Freigegebene Kanäle) in einer öffentlichen Vorschau. Freigegebene Kanäle stellen je nach Anwendungsfall eine Alternative zu Privaten Kanälen dar. Auch wenn die Funktion frühestens in ein paar Monaten allgemein verfügbar sein wird, habe ich meine ersten Gedanken und Erfahrungen zu Shared Channels niedergeschrieben. [/UPDATE]
Zusammenfassung (tl;dr)
- Nicht scheuen, neue / separate Teams anzulegen
- bei Kanälen dagegen gilt „weniger ist mehr“ – häufig gibt es bessere Alternativen (Ordner, Tags)
- Private Kanäle dürfen nicht zum Normalfall werden – wenn doch ist mit hoher Wahrscheinlichkeit das Team falsch zugeschnitten