Viele Unternehmen verstehen unter „Kommunikation an die Mitarbeiter“ nicht mehr als Endanwenderschulungen. Dabei ist „Awareness“ ein so wichtiger Baustein für eine erfolgreiche Softwareeinführung – nicht nur für Microsoft Teams. Warum Endanwenderschulungen keine Awareness-Maßnahme sind und ein kleines „Best-Of“, was Unternehmen kommuniziert haben – und was bei den Mitarbeiter angekommen ist.
Wann ist eine Softwareeinführung erfolgreich?
Wann ist eine Softwareeinführung überhaupt erfolgreich? Für mich ist ein Einführungsprojekt erfolgreich, wenn die Ziele, die damit verbunden wurden, auch erreicht werden. Das wiederum bedeutet (und das ist alles nach meiner Erfahrung alles andere als selbstverständlich)
- vor Projektbeginn bzw. im Verlauf des Projekts müssen Ziele definiert werden
- Ziele müssen messbar sein
- es muss ein Mechanismus etabliert werden, die Erreichung der Ziele – und damit den Projekterfolg – regelmäßig zu überwachen.
- Die Überwachung der Ziele erstreckt sich bis hinter den Abschluss der „technischen Einführung“ – dieser Zeitpunkt wird von vielen Unternehmen fälschlicherweise als „Projektende“ angesehen
Langer Rede kurzer Sinn: Eine erfolgreiche Softwareeinführung bedeutet und erfordert viel mehr als eine erfolgreiche technische Bereitstellung der Lösung. Sondern um die Ziele zu erreichen ist es erforderlich, eine hohe „Benutzerakzeptanz“ zu erzeugen und die regelmäßige Nutzung der Software durch die Endanwender sicherzustellen. Letzteres bezeichnet man häufig als „Adoption“.
Awareness als Erfolgsaktor einer Softwareeinführung
Was hat das alles mit Awareness zu tun? Unter Awareness verstehe ich in diesem Zusammenhang die Kenntnis der Mitarbeiter, dass eine neue Softwarelösung eingeführt wird und welche unternehmerischen Ziele mit der Einführung erreicht werden sollen. Dieses Wissen sollte den Mitarbeitern frühzeitig und kontinuierlich während der Projektlaufzeit vermittelt werden – die Kommunikation zu veranlassen und zu steuern ist Aufgabe des Projektteams (ggf. in der Durchführung unterstützt durch die interne Marketing- oder auch HR-Abteilung).
Durch eine Endanwenderschulung ist somit weder inhaltlich (es geht gerade nicht um „Wie bediene ich die Software“) noch zeitlich (Endanwenderschulungen finden i.d.R. erst kurz vor Produktivstart statt) möglich, Awareness zu schaffen. Statt dessen geht es bei Awareness darum, die „Deutungshoheit“ über das Projekt sicherzustellen, dem Flurfunk zuvorzukommen und die aus psychologischer Perspektive völlig normale abwartende bis ablehnende Reaktion der Mitarbeiter auf Veränderungen zu durchbrechen und in eine positive Erwartungshaltung umzuformen.
Kernaussagen für Awareness festlegen
Zu den möglichen Maßnahmen zählen u.a. grundsätzlich alle bekannten Aktivitäten aus dem Marketing – u.a. Ankündigungen per E-Mail oder im Intranet, Betriebsversammlungen oder andere Meetings-Formate.
Wichtig ist es, zuvor die Kernaussage (Schlüsselbotschaft) festzulegen. Was ist die Quintessenz, die wirklich ausgedrückt werden soll? Was ist der erwartete Mehrwert, mit dem die Gunst der Leser erreicht werden soll? Hier ein „Best-Of“, was Unternehmen kommuniziert haben – und was bei den Mitarbeitern davon angekommen ist
- „Wir aktualisieren auf Version so-und-so / führen das neue Programm xyz ein“
Interessiert mich nicht die Bohne. Ich muss mich schon wieder in ein anderes Programm einarbeiten, hat für mich keinen Mehrwert. - „Wir wollen moderner werden“
Sollen die altgedienten Mitarbeiter durch jüngere Mitarbeiter ersetzt werden? Ist mein Arbeitsplatz gefährdet? Da muss ich mal den Betriebsrat fragen… - „Wir wollen Geld sparen“
Wusste gar nicht, dass es uns finanziell so schlecht geht. Muss ich Angst um meinen Arbeitsplatz haben? - „… damit Informationen und Dokumente zentral abgelegt werden können“
Wie, ich muss in Zukunft also immer auf dem Fileserver suchen und in dem neuen Programm? Dann habe ich ja doppelt so viel Arbeit damit.
Nicht falsch verstehen: Jede Kommunikationen ist immer noch besser als gar keine Kommunikation – denn sie zeigt eine Wertschätzung gegenüber dem Leser, ihn informieren zu wollen. Aber was fehlt allen diesen Beispielen: Der Bezug auf „Was habe ich davon“ aus der Perspektive des Lesers.
Mehrwerte herausarbeiten
Wie jede gute Marketingkampagne sollte die Kommunikation zur Awareness Veränderungen und Mehrwerte aus der Sicht der Leser herausarbeiten (und bei einem Softwareprojekt nicht etwa aus Sicht der IT), z.B. durch Bezug auf bekannte (Heraus-)Forderungen der Mitarbeiter.
- „heute dauert es sehr lange, bis die Informationen aus dem Vertrieb in der Produktion vorliegen. Wir wollen diese Zeitspanne verkürzen, damit ihr weniger Beschwerden von euren Kunden bekommt.“
- „Wollen wir die Zahl der Geschäftsreisen zu unseren Niederlassungen reduzieren. Damit wollen wir Euch Reisezeiten ersparen.“
Die Beispiele sind nicht wörtlich zu nehmen – sie sind immer noch nicht ideal formuliert. Sondern als Denkanstoß zum Hinterfragen der eigenen Formulierungen.
4 Bestandteile der Awareness
Typischerweise deckt Kommunikation rund um die Awareness folgende Bestandteile ab
- Kernbotschaft vermitteln
Bewusstsein für kommende Veränderungen schaffen – bevor, während und nachdem die Veränderung den Leser betrifft. Kreativität ist Trumpf! Das können z.B. auch kleine Give-Aways sein – warum z.B. keine Headsets mit Firmenlogo verteilen und der Botschaft „Werdet Ihr bald häufiger brauchen“? Oder eine Umfrage (sofern nicht schon viel früher geschehen), welche Mehrwerte sich die Mitarbeiter von der Einführung erhoffen – und dann später darauf Bezug nehmen. - Veränderung unterstützen
Mitarbeiter darauf hinweisen, wie das Unternehmen die Veränderung unterstützen kann. Wird es spezielle Unterlagen geben, mit denen die Abteilungen ihre fachlichen Anforderungen dokumentieren können? Werden sogenannte Champions als unternehmensinterne Multiplikatoren ausgebildet, um die interne IT als Flaschenhals für alle spätere Rückfragen zu entlasten? Super! - Messwerte und Zielerreichung
Wieviele Kollegen wurden mit Ihrer Kommunikation erreicht? Wieviele Mitarbeiter haben schon eines der Trainings abgeschlossen? Wieviele Reisezeit fällt aktuell unternehmensweit zu Ihren Niederlassungen an? … - Kontinuierliche Verbesserung
Kontinuierlich die angebotenen Unterstützungsmaßnahmen verbessern und über diese Verbesserungen sprechen – Überarbeitete Trainingsinhalte, erweiterte Dokumentationen, … Welche Messwerte entwickeln sich nicht wie erwartet – und warum?
Vielleicht es nach der Einführung auch erste kleine „Erfolgsgeschichten“ aus den ersten Tagen der Nutzung – dann sollten diese mit allen anderen Mitarbeitern geteilt werden, um sie ebenfalls zur Nutzung der neuen Lösung zu motivieren.